13. September 2010: Zehnter Inländerstammtisch
Integrationskonzept oder Integrationsbeirat - was ist der
richtige Weg für Bergedorf?
Die
Integrationsdebatte in Deutschland krankt vor allem an einer
Sache: Es wird zu viel über Migranten gesprochen statt mit
ihnen. Migranten wollen ernst genommen werden und Mitsprachemöglichkeiten
haben, wenn es um ihre Interessen geht. Das ist das Fazit des
10. Inländerstammtisches der SPD Bergedorf, der am 13.
September in der Bergedorfer Moschee stattfand. 34
Interessierte, darunter mehr als ein Drittel Menschen mit
Migrationshintergrund, diskutierten leidenschaftlich und zum
Teil kontrovers über das Thema „Integrationskonzept oder
Integrationsbeirat – was ist der richtige Weg für
Bergedorf?“ Am Ende stand ein klares Votum für ein
Integrationskonzept, weil nur das verbindliche
integrationspolitische Entscheidungen verspricht.
Grundlage
der Diskussion war ein einleitendes Referat von Michael Schütze
vom veranstaltenden AK Integration der Bergedorfer SPD über die
Integrationspolitik in den Hamburger Bezirken Wandsbek und Mitte
– die eigentlich dafür vorgesehenen Bezirkspolitiker (siehe Einladung)
waren kurzfristig ausgefallen:
Der
Bezirk Hamburg-Mitte war der erste Hamburger Bezirk, der sich
angesichts seines hohen Migrantenanteils (25%) ernsthaft mit
Integrationspolitik befasste. Bereits im November 2004 hatten
SPD und GAL in einem Antrag in der Bezirksversammlung die
Entwicklung eines „kommunalen Integrationsleitbildes“
gefordert. Dieses wurde unter Federführung des dortigen
Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration und in
enger Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt erarbeitet und im Juni
2007 als „Leitbild zur Integrationsarbeit“ einstimmig
verabschiedet. Auf acht DIN-A4-Seiten listet es mögliche
„Ziele und Maßnahmen“ auf in den Bereichen „Sprachförderung“,
„Schule, Ausbildung und Arbeit“, „Kultur und Religion“,
„Sport“, „Gesundheit“ sowie „Ältere Menschen mit
Migrationshintergrund“. Deren Umsetzung wird jährlich im
Ausschuss überprüft. Außerdem gibt es möglichst zwei Mal im
Jahr sogenannte Integrationskonferenzen,
auf denen ein bestimmtes Thema vertieft erörtert wird. Überdies
wird seit 2007 ein mit 5.000 Euro dotierter „Bürgerpreis
für herausragendes Engagement in der Integrationsarbeit“
verliehen.
Anders
als in Mitte entschied sich die Bezirksversammlung in Wandsbek
im Dezember 2007 auf Vorschlag der SPD dafür, einen Integrationsbeirat
ins Leben zu rufen. Dazu lud das Bezirksamt im April 2008 zu
einer Informationsveranstaltung ein, aus der heraus sich ein
Arbeitskreis bildete. Dieser erarbeitete in drei Arbeitsgruppen
von Juli 2008 bis zum April 2009 eine Geschäftsordnung
sowie inhaltliche Themenschwerpunkte. Es sind dies die soziale
Integration, die sprachliche Integration, die interkulturelle
Kompetenz sowie das Zusammenleben in der Stadt. Auf Vorschlag
des Bezirksamtes wurden dann 21 Mitglieder für den
Integrationsbeirat berufen, unter anderem Vertreter der
christlichen und muslimischen Gemeinden sowie der in der
Bezirksversammlung vertretenen Parteien. Im Januar 2010 nahm der
Beirat seine Arbeit auf und bildete sechs Arbeitsgruppen für
die Bereiche „Sport und Gesundheit“, „Senioren mit
Migrationshintergrund“, „Kultur und Religion“,
„Perspektive von Flüchtlingen“, „Sprache“ sowie
„berufliche Integration von Jugendlichen und Erwachsenen“.
Noch befinden sich aber diese Arbeitsgruppen in der
Findungsphase. Der Integrationsbeirat selbst trifft sich einmal
im Quartal und kann laut Geschäftsordnung mit „seinen Beschlüssen
weder die öffentliche Verwaltung noch parlamentarische Gremien
binden“.
In
der anschließenden Diskussion wurde schnell deutlich, dass den
Anwesenden ein nur beratendes Gremium wie ein Integrationsbeirat
zu wenig ist. Bindende Entscheidungen seien nötig, damit
endlich etwas passiere. Dazu müssten die Migranten sich
engagieren, gehört und deren Wünsche umgesetzt werden. Gute
Integrationspolitik erfordert aber auch Geld, das in die Hand
genommen wird, um sinnvolle Projekte umzusetzen. Darin waren
sich die Diskutanten einig. Methodisch solle zunächst eine
Bestandsaufnahme gemacht werden, in welchen Bereichen und
Stadtteilen es Probleme gibt und wie diese gelöst werden können.
Denn im Bezirk Bergedorf gebe es in unterschiedlichen
Stadtteilen (z. B. Neuallermöhe und Lohbrügge) auch
unterschiedliche Probleme und Lösungsansätze. Die Ergebnisse
dieser Bestandsaufnahme sollten dann in ein Integrationskonzept
einfließen, wie eine Mehrheit der Anwesenden meinte. Auch über
einzelne Maßnahmen wurde bereits diskutiert. So müssten
Begegnungen zwischen Migranten und Nichtmigranten geschaffen,
Freundschaften gefördert und vor allem großer Wert auf die frühkindliche
Förderung gelegt werden, insbesondere im sprachlichen Bereich,
wobei auch die Mehrsprachigkeit gefördert werden solle.
Allerdings sei Bildungsferne kein ethnisches, sondern eher ein
soziales Problem.
Die
Bergedorfer SPD wird nun als Konsequenz aus dieser Veranstaltung
versuchen, deren Ergebnisse in den parlamentarischen Prozess in
der Bezirksversammlung Bergedorf einzubringen und umzusetzen.
Denn Integrationspolitik ernst zu nehmen, das bedeutet auch, auf
die Migranten zu hören.
Michael
Schütze
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